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„Ich habe meinen Rollstuhl nicht auf dem Basar gewonnen“ – Leben mit unsichtbaren Einschränkungen

  • Autorenbild: Silvia Meck
    Silvia Meck
  • 8. Feb.
  • 4 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 20. Apr.


Ein Waldweg, der sich an einer Kreuzung in zwei Richtungen teilt. Dichte, grüne Bäume umrahmen den Pfad, während die Wege in unterschiedliche Richtungen führen – ein Symbol für Entscheidungen, Veränderung und neue Wege im Leben.
Waldweg Abzweigung Enkenbach-Alsenborn

Dies ist der erste Beitrag in einer neuen Kategorie – einer, die mir besonders am Herzen liegt. Ich möchte euch mitnehmen auf diese Reise, auf meinen Weg durch den Alltag mit Einschränkungen, Herausforderungen und Momenten der Selbstbestimmung. Denn das Leben mit einer meist unsichtbaren Beeinträchtigung bedeutet nicht nur körperliche Hürden zu überwinden, sondern auch mit den Reaktionen der Gesellschaft umzugehen.


Oft werde ich gefragt, warum ich an manchen Tagen scheinbar mühelos laufe, während ich an anderen auf Gehhilfen angewiesen bin. Warum ich mir Pausen nehme, obwohl ich „doch gar nicht krank aussehe“. Warum ich meinen Rollstuhl nicht als dauerhaftes Hilfsmittel nutze, sondern ihn nur dann einsetze, wenn es wirklich nicht anders geht. Die Wahrheit ist: Mein Körper hat seine eigenen Regeln. Und mein Alltag ist ein ständiges Austarieren zwischen Bewegung und Erschöpfung, zwischen Schmerz und Selbstbestimmung.

Diese Beiträge sollen zeigen, wie es wirklich ist, mit einer unsichtbaren Beeinträchtigung zu leben – ohne Schönreden, ohne Mitleid, aber mit Ehrlichkeit, mit Mut und mit dem festen Willen, meinen eigenen Weg zu gehen.

Es gibt Momente, in denen ich wünschte, Menschen könnten für einen einzigen Tag in meinem Körper stecken. Einfach, um zu verstehen, wie es sich anfühlt, mit ständigen Schmerzen zu leben. Nicht jede Einschränkung ist auf den ersten Blick sichtbar. Viele kämpfen im Stillen – mit Schmerzen, Erschöpfung, mit einem Körper, der nicht mehr so funktioniert, wie er sollte, und mit einem Gesundheitssystem, das oft nur Symptome behandelt, anstatt nach Ursachen zu suchen.

Ich bin dankbar für die Tage, an denen ich mich frei bewegen kann. Doch es gibt auch Momente, in denen selbst kleine Wege zu einer Herausforderung werden. Mein Leben ist trotz allem lebenswert und selbstbestimmt – aber es ist nicht mehr das, was es einmal war.


Mein Weg – Vom alten Leben in eine neue Realität


Es gibt Einschnitte im Leben, nach denen nichts mehr ist, wie es war. Als meine gesundheitlichen Probleme begannen, musste ich mich plötzlich mit Themen auseinandersetzen, die für andere selbstverständlich sind: Bewegung ohne Schmerzen, eigenständige Mobilität, Planbarkeit des Alltags.

Die Veränderungen kamen nicht über Nacht, sondern schleichend – und doch haben sie alles umgeworfen. Es folgten unzählige Arztbesuche, Therapien, Reha-Aufenthalte. Und immer wieder die Frage: Wie geht es jetzt weiter?

Pläne, die ich für meine Zukunft hatte, zerbrachen. Ich musste neue Wege finden, lernen, Hilfe anzunehmen, ohne mich selbst aufzugeben. Heute weiß ich: Mein Leben ist anders als früher – aber es ist immer noch meins.


Was mich wütend macht – und warum ich trotzdem nicht aufgebe


Es gibt einen Satz, den Menschen mit unsichtbaren Einschränkungen viel zu oft hören: „Aber du siehst doch gar nicht krank aus!“

Die größten Kämpfe spielt man oft im Hintergrund. Wenn Schmerzen zum Alltag werden. Wenn man ständig an seine Grenzen kommt. Wenn man immer wieder auf Unverständnis trifft – sei es von Ärzten, Behörden oder der Gesellschaft.

Es hat lange gedauert, bis ich verstanden habe, dass ich nicht ständig beweisen muss, dass es mir schlecht geht. Dass ich kein schlechtes Gewissen haben sollte, wenn ich an manchen Tagen mehr Pausen brauche. Dass ich mich nicht rechtfertigen muss, wenn ich Hilfe in Anspruch nehme.

Doch genau das ist die Realität: Wer nicht sichtbar leidet, wird oft nicht ernst genommen. Und genau deshalb gebe ich nicht auf.


Mein Leben heute – Selbstbestimmung statt Fremdbestimmung


Ich habe gelernt, für mich selbst einzustehen. Ich nehme nicht jede Behandlung oder Empfehlung einfach hin. Ich lehne Therapien ab, die nur Symptome überdecken sollen, anstatt die Lebensqualität zu verbessern.

Und ja – mein Leben sieht heute anders aus. Spontane Ausflüge oder längere Strecken sind oft eine Herausforderung. Manche Dinge, die früher selbstverständlich waren, gehen heute nicht mehr so einfach. Doch ich habe mir meinen eigenen Weg gesucht. Ich bin unterwegs, entdecke neue Möglichkeiten, finde Lösungen für Hindernisse, auch wenn sie nicht immer sofort da sind.

Und wenn es mal nicht geht? Dann nehme ich mir eine Pause – und komme später wieder.

Mein Leben ist nicht vorbei. Es ist nur anders.


Ich weiß, wie schwer es ist, ernst genommen zu werden. Ich weiß, wie müde man wird, wenn man sich immer wieder erklären muss. Und ich weiß, wie weh es tut, wenn Menschen einen als Hypochonder abstempeln, weil sie den Schmerz nicht sehen können. Deshalb möchte ich anderen mit auf den Weg geben:


Hört auf euren Körper – Ihr seid die Einzigen, die wissen, was ihr fühlt. Lasst euch nicht einreden, dass ihr euch etwas einbildet.

Sucht euch ein Netzwerk – Menschen, die euch verstehen, euch unterstützen und euch nicht in Frage stellen.

Kämpft für eure Rechte – Es ist anstrengend, aber notwendig. Besteht auf Diagnostik, auf Therapie, auf Unterstützung.

Lasst euch nicht kleinmachen – Weder von Ärzten noch von der Gesellschaft. Eure Einschränkungen sind real, auch wenn sie nicht immer sichtbar sind.


Ich danke allen, die mich auf meinem Weg unterstützt haben. Menschen, die mich nicht aufgegeben haben, als ich mich selbst fast verloren hätte. Menschen, die mir zugehört haben, an mich geglaubt haben, mich so genommen haben, wie ich bin. Und ich danke mir selbst – dafür, dass ich trotz allem weitermache. Dass ich nach vorne schaue, auch wenn ich nicht weiß, wohin die Reise noch geht. Dass ich mir nicht mehr vorschreiben lasse, wie ich mein Leben zu leben habe.


Ich habe mein Leben nicht gewählt – aber ich bestimme, wie ich es führe und das ist das Wichtigste.


© Silvia Meck 07. Februar 2025


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